Wegwaerts – Wanderung

3 Zinnen, Peitlerkofel, Lüsner Alm

Wieder sind wir mit Wanderschuhen und -stöcken in den Dolomiten unterwegs, wieder im September, wieder mit unseren bewährten Wanderfreunden Clara und Lothar.

Wir haben aus den Erfahrungen der letzten Jahre gelernt – immerhin ist das unser sechster Wanderurlaub zu viert – und wollen von unterschiedlichen Ausgangsorten starten.

Unserer eigentlichen Planung haben wir noch zwei Übernachtungen vorgeschaltet und wollen endlich die Drei Zinnen sehen und erwandern.

Um nicht dort zu laufen, wo alle die Drei Zinnen bewundern – vom Parkplatz Auronzo aus – logieren wir in einem originellen kleinen B&B in Padola, jenseits des Kreuzbergpasses am östlichen Ende des Pustertals und wollen über das Fischleintal von Sexten-Moos aufsteigen.

Tag 1

Soweit der Plan …. doch in diesem Jahr kommt alles ein wenig anders als wir dachten. Der Wetterbericht hat schon nichts Gutes angekündigt, aber dass uns bei der Anfahrt durch das Pustertal tief verschneite Autos entgegenkommen – wir haben den 12. September! – irritiert uns doch sehr.  Da wir mit VW-Bus und Allwetterreifen unterwegs sind, stellt uns die geschlossene Schneedecke auf dem Kreuzbergpass vor einige Herausforderungen – es schneit ohne Unterlass, das Thermometer zeigt 0 Grad an

Wir landen dennoch unbeschadet in Padola, treffen Clara und Lothar, die eine andere Anfahrt gewählt haben – aber auch nicht offen im Cabrio fahren konnten! - beziehen unsere Zimmer und suchen im strömenden Regen die beste Pizzeria im Ort auf.

Tag 2

Wir parken in Moos und wandern durch das Fischleintal zur Talschlusshütte, von wo zwei Wege Richtung Drei Zinnen führen. Glücklicherweise haben wir zumindest spätherbstliche Ausstattung dabei, die heute und in den nächsten Tagen schichtweise übereinandergezogen zum Einsatz kommt.

Am Ende des Tals beschließen wir weiter bergauf zu wandern, soweit es die Bedingungen zulassen, und nehmen die ‚direkte Route‘ bergauf. Der Weg steigt relativ steil an, verläuft zweimal über Steinstufen entlang eines Wasserlaufes und dann im Zickzack steil am Hang.

Je höher wir kommen, desto höher liegt der Schnee, der Wind frischt auf und die Temperatur fällt weiter. Der Aufstieg wird immer mühsamer, erschwert durch unsere eher sommerliche Ausstattung.  Auf Anraten einer entgegenkommenden Wandergruppe drehen wir auf 2100m Höhe um, ohne die Drei Zinnen gesehen zu haben. Nach einem mühseligen Abstieg durch den Schnee, sitzen wir dann 2 Stunden später bei Sonne und spätsommerlichen Temperaturen auf der weitläufigen Terrasse der Talschlusshütte und genießen unseren ersten Kaiserschmarren.

Wir sind 18,1 km gelaufen und haben ca. 600 Höhenmeter überwunden – 300 Höhenmeter haben uns noch bis zur Dreizinnenhütte gefehlt … schade!

Tag 3

Wir nehmen Abschied von Elisa in ihrem B&B und beschließen, eine kleine morgendliche Wanderung oberhalb von Sexten zur Lärchenhütte zu machen – auch bei winterlichen Temperaturen, doch glücklicherweise ohne Schnee.

Auf unterschiedlichen Routen fahren wir über Brixen nach Villnös, wo wir auf über 1800m in der Edelweißhütte Zimmer mit Halbpension gebucht haben. Leider haben wir es versäumt für Gunter vegetarisches Essen zu bestellen, was zu Missstimmung und etwas Ärger mit dem Koch führt. In den beiden darauffolgenden Tagen hat er sich jedoch auf die unterschiedlichen Essgewohnheiten eingestellt und wir können gut gesättigt die Abende mit Doppelkopf beschließen

Tag 4

Heute wollen wir eine weitere große Tour in Angriff nehmen und legen die Winterkleidung an. Vom Parkplatz Würzjoch aus laufen wir zum Fuß des Peitlerkofels, den wir auf einem Panoramaweg umrunden wollen. Der Panoramaweg ist nur im ersten Zehntel als solcher zu bezeichnen, mit zunehmender Höhe schrumpft er zu einem steil am Hang verlaufenden Pfad, der – wie gestern – mit ansteigender Höhe immer verschneiter und zudem vereist ist. Der Blick ins Tal ist grandios, doch der Schwierigkeitsgrad ist (besonders für mich) nicht zu unterschätzen – das Wandern des Weges erfordert, besonders bei Schnee, Trittsicherheit und Schwindelfreiheit, denn er ist schmal und fällt streckenweise seitlich fast senkrecht ab.  Nach etwa zwei Dritteln der Umrundung erfordert der Rundweg den steilen Aufstieg zur Scharte auf ca. 2400m, von wo ein weiterer Aufstieg zum Gipfel möglich sein soll – für uns bei den aktuellen Wetterbedingungen heute nicht möglich. Nur eine Handvoll Wanderer biegt Richtung Gipfelkreuz ab – jünger und besser ausgerüstet als wir.

Auf der Rückseite der Scharte wird der Weg wieder bequemer und fällt langsamer ab, als dass er gestiegen ist. Mit zwei Pausen an einer Malga und schließlich nahe des Parkplatzes erreichen wir nach über 5 Stunden reiner Gehzeit und 600m Höhenmetern wieder den Ausgangspunkt unserer heutigen Wanderung.

Tag 5

Um nicht fahren zu müssen, wandern wir heute von der Hütte auf das Skigebiet Plose oberhalb von Brixen. Unser Ziel ist die Roßalm. Wir laufen über Weiden und durch dichten Wald aufwärts und erreichen nach ca. 3 Stunden die angeblich schönste (und mondänste) Hütte Südtirols mitten in einem Skigebiet. Da die Hütte auch mit einer Seilbahn erreicht werden kann und oberhalb eines exklusiven Hotelresorts liegt, ist sie gut gefüllt mit Menschen, die nur den kurzen Weg von der Mittelstation der Bahn zurückgelegt haben – aber immerhin zünftig in Wanderbekleidung.

Da die Wegweiser im wieder verschneiten Gelände nicht sichtbar sind, verlaufen wir uns beim Abstieg mehrfach und erreichen unsere Hütte nach 19 km und fast 6 Stunden Gehzeit fast schon in der Dämmerung.

Tag 6

Wir verabschieden uns von Andreas, dem Hüttenwirt, und seinem grantigen Koch und wechseln noch einmal das Quartier. Nach einigen Kilometern Richtung Würzjoch biegen wir nach Lüsen ab und erreichen den im Tal gelegenen Ort bei schönstem Spätsommerwetter. Leicht schwitzend in Merinoshirts und langen Hosen genießen wir unseren Cappuccino auf der Sonnenterrasse des ersten Hotels am Platze und Lothar kann endlich die gerissenen Schuhbänder ersetzen. Wir kommen mit einem knielädierten Einheimischen ins Gespräch und verlassen Lüsen bergauf Richtung Löchlerhof bestens informiert und mit wichtigen Tipps ausgestattet.

Unser nächstes Quartier ist die Pension Löchlerhof auf ca. 1300m Höhe, über eine steile Serpentinenstrecke zu erreichen. Der Hof liegt malerisch am Berg, von der Terrasse schaut mal über den Garten mit Pool auf Lüsen, neben uns schweben Gleitschirmflieger ins Tal. Begrüßt werden wir mit einem Cocktail und strecken die Beine in die Sonne. Nach dem Einchecken und dem Rundgang durch den Wellnessbereich wandern wir bergauf zum Absprungpunkt der Gleitschirmflieger, die leider zum Zeitpunkt unserer dortigen Brotzeit ihre Sprünge schon eingestellt haben.

Wir beschließen den Tag mit einem Saunagang, dem Eintauchen in eine Eistonne und einem vorzüglichen Menü, bei dem auch Vegetarier Gunter auf seine Kosten kommt.

Zur Feier dieses schönen Tages erarbeiten wir uns mit Regelwerk und YouTube-Videos ein neues Spiel, bei dem wir ausnahmsweise nicht gegeneinander, sondern alle gegen das Spiel(The Game)  kämpfen – mal eine ganz andere Vorgehensweise.

Tag 7

Nach einem üppigen Frühstück starten wir Richtung Rodenecker- Lüsener Alm. Wir nehmen eine Route, die bergauf in weitem Bogen durch den Wald zur Tulpe führt (Weg 14)  Von dort geht es über eine langgezogene Alm – gefühlt stundenlang – steil bergauf (da Wanderwege selten kerzengerade bergauf führen, haben wir wohl mal wieder eine Abzweigung verpasst). Aber nachdem wir erst einmal auf der Höhe angekommen sind, geht es eher gemächlich über die weitläufige Lüsener Alm nach Nordosten, wo mehrere Hütten für eine Rast zur Verfügung stehen.  Obwohl kein Schnee liegt, ist der Wind empfindlich kalt und erfordert Daunenwesten, Mützen und Handschuhe.

Nahe des Rastnerhofes und in Sichtweite der Starkenfeldhütte  haben wir einen fantastischen Blick auf den Gitsch und  entfernt auf den Hochfeller (Zillertal) und beschließen die windgeschützte Sonnenterrasse des Rastnerhofes zu frequentieren, wo wir bei Kaiserschmarren und Suppe tatsächlich  in der Sonne sitzen können. Zurück geht es bis oberhalb der Tulpe den bekannten Weg, dann kürzen wir über eine andere Route (Weg 3) parallell zur Fahrstraße ab, um noch Zeit für Sauna und Wellness zu haben, bevor wieder das Abendessen ruft.

Heute sind wir in 5 Std Laufzeit 15 km unterwegs und steigen ca. 500 Höhenmeter.

Tag 8

Unser letzter Wandertag für diese Tour ist angebrochen. Das heutige Ziel soll die Kreuzwiesenalm sein, auf der es den weltbesten Kaiserschmarren geben soll – immer eine gute Motivation für eine lange Wegstecke!

Wir nehmen die Route, die wir gestern abgestiegen sind (Weg 3a) und wandern wieder stetig bergauf vorbei am Herol Hotel und über den Griablsteig durch ein malerisches Hochmoor. Das Wetter ist wieder kühl und windig, der Himmel ist grau-schwarz, aber während wir laufen, bleibt es trocken und ab und zu schafft es die Sonne durch die Wolken. Mitten auf der Alm lädt uns überraschend die  Mitarbeiterin eines Hotels in Rodeneck  zu Glühwein und/oder einen heißen Tee ein. Sie hat eine Brotzeit für die Gäste ihres Hotels vorbereitet, die mit einem Minibus auf die Alm gekarrt werden und überbrückt die Wartezeit mit einem Plausch. Als die Gäste eintreffen, machen wir uns wieder auf den Weg.

Die Kreuzwiesenalm ist gut besucht, besonders von Familien mit kleinen Kindern. Sie ist bekannt für ihren eigenen Käse, was wir umgehend testen, bevor wir dem Tipp unseres knieversehrten Informanten in Lüsen nachkommen und den Kaiserschmarren bestellen.

Da wir schon lange unterwegs sind und einige Kilometer zurückgelegt haben, laufen wir den gleichen Weg zügig bergab, ein tiefschwarzes Regengebiet im Rücken, und erreichen den Löchlerhof gerade noch trocken.

Heute sind wir in 5 Stunden reiner Laufzeit 18,8 km gewandert und fast 800 Höhenmeter gestiegen (Lothar klettert die letzten Stufen zum Zimmer mehrfach, um die 800 m voll zu machen … geschafft!)

Nach einem Gang in die Sauna zum Aufwärmen, überraschen uns und alle anderen Hausgäste Wirt und Wirtin mit einem zünftigen Törggelen.

Die Wirtin erklärt, was man unter einem zünftigen Törggelen versteht:

Törggelen beginnt mit einem schönen Spaziergang durch die Herbstwälder der Umgebung und endet mit einer köstlichen Mahlzeit in einem Buschenschank oder Landgasthof, vor einem typischen Törggelen-Menü, ein oder mehrere Gläser Wein und viel Heiterkeit.

Unser Menü startet mit einer Gerstensuppe und Schlutzkrapfen. Für die Hauptspeise ist ein Buffet aufgebaut, bei dem es Speck- und Leberklöße, Sauerkraut und Schweinebraten gibt. Vegetarier werden mit Kaspressknödeln versorgt.

Zum Nachtisch und Ausklang treffen wir uns im Garten stimmungsvoll um eine Feuerschale zu gerösteten Kastanien, verschiedenen Krapfen und Glühwein.

Mit einer Flasche Wein und einem Kartenspiel endet unser letzter Abend und damit unsere diesjährige Dolomiten-Tour – diesmal unerwartet winterlich, aber dennoch erlebnisreich.

Fazit

  • Der Wechsel der Ausgangsorte hat sich als richtig erwiesen – eine Idee, die letztes Jahr entstanden ist. Dadurch konnten wir jeden Tag unterschiedliche Wege laufen und uns mehrere Wandergebiete erschließen.
  • Ein echtes Highlight war die Gegend um Lüsen und besonders die Lüsener Alm – bestimmt ähnlich schön wie die Seiser Alm, aber wesentlich weniger frequentiert.
  • Leider hat uns das ungewöhnlich kalte Wetter den ein oder anderen Strich durch die Rechnung gemacht. Unsere Aufstiege zu den Drei Zinnen und dem Peitlerkofel waren leider so nicht möglich.
  • Nach vielen spätsommerlichen Touren durch die Dolomiten haben wir die Berge zum ersten Mal winterlich erlebt – unsere Ausrüstung war dem nicht immer gewachsen. In Zukunft müssen wir die Wetterprognosen genauer analysieren und unsere Planung entsprechend anpassen.
  • Dennoch : schön war’s wie immer, wir vier sind eine harmonische Wandergruppe, die mit viel Spaß unterwegs ist und das bisschen Schnee haben wir auch locker weggesteckt …. im Spätsommer 2024!